Der freundlich präsentierte Albtraum

Mit einem Gesamtetat von 585 Millionen Mark engagierten sich die Italiener 1997 für die studentischen Weltspiele. Doch die Organisation litt unter politischen Krisen und wirtschaftlichen Fremdinteressen. Ständig wechselnde Landesregierungen auf Sizilien erschwerten die Planungen. Bis zuletzt stritten sich Palermo, Catania und Messina um die Ausrichtung der fernsehtauglichen Sportarten. Alle drei Städte wollten wirtschaftlich von der Universiade profitieren. Zuletzt sprach der Internationale Hochschulsportverband (FISU) ein Machtwort und reduzierte das Programm auf 10 Kern-Sportarten: Leichtathletik, Basketball, Fechten, Fußball, Kunstturnen, Schwimmen, Wasserspringen, Wasserball, Tennis und Volleyball. Allein 166 Millionen Mark investierten die Sizilianer in Sportanlagen, die nicht rechtzeitig fertiggestellt wurden. "Die Mafia hatte bei der Auftragsvergabe die Finger im Spiel gehabt", begründete der Bauherren-Vertreter, Michele Mangiapane, in einem Zeitungsinterview die Verzögerungen. Mit kuriosen Folgen für die Leichtathleten: weil das Cibali-Stadion in Catania auf einer Seite noch nicht fertiggebaut war, mussten sich die Werfer auf einem Platz einwerfen, der 30 Autominuten vom Wettkampf-Stadion entfernt lag. Nur gut, dass die teilnehmenden Aktiven Studierende waren, die sehen einige Probleme einfach etwas lockerer. Und in der Tat zog die Mehrzahl der Sportlerinnen und Sportler trotz des Chaos ein positives Fazit.

Die Medaillen-Ausbeute des deutschen Teams blieb allerdings mit zweimal Gold, einmal Silber und acht Bronzemedaillen deutlich hinter der von Fukuoka zurück. In der Leichtathletik steigerte die Siebenkämpferin Mona Steigauf ihre persönliche Bestleistung um 96 Zähler und gewann schließlich mit 6.546 Punkten die ersehnte Goldmedaille. Als Mann mit Übersicht und Nerven präsentierte sich Thorsten Naumann über 5.000 m. Nach einem Bummelrennen lief er auf den letzten Kilometern aus dem hinteren Feld zur Spitze auf und hätte fast noch dem Italiener Zanon die Goldmedaille weggeschnappt. Mit 5,55 m im zweiten Versuch holte sich Stabhochspringer Werner Holl Bronze. Gute Nerven bewies Speerwerferin Karen Forkel als sie sich erst im vorletzten Wurf mit einer Weite von 60,70 m Bronze sicherte. Die größte Überraschung aber gelang Mark Ostendarp. Über 3.000 m Hindernis lief er ein bravouröses Rennen und gewann mit 8:25,85 min. Gold. Beim Wasserspringen sorgten 31 Nationen mit mehr als 100 Aktiven für mehr Starts als bei den Olympischen Spielen in Atlanta. Doch für das adh-Team platzten alle Medaillenträume.

Eine gute Visitenkarte hinterließ die einzige deutsche Aktive im Turnwettbewerb. Gabi Weller turnte sich im Sprung-Einzelwettbewerb auf Rang sechs.

Im Schwimmen wird der Stellenwert der Universiade von den anderen führenden Schwimmnationen sehr hoch eingestuft. Mehr als drei Bronzemedaillen für deutsche Aktive ließ die Konkurrenz diesmal nicht zu. In den Einzelrennen schafften dies Michael Kiedel über 200 m Freistil und Christian Tröger über 100 m Freistil. Ebenfalls Bronze gewannen Michael Kiedel, Christian Tröger, Uwe Volk und Jan Sibbersen mit der 4 x 200 m-Freistil-Staffel. Im Tennis gewann das Mixed mit Alexander von Hugo und Claudia Timm Bronze. Auch im Einzel gewann Alexander von Hugo Bronze.

Doch Medaillen sind nicht alles. Und so bot der adh nachrückenden Talenten die Gelegenheit, auf einer hochkarätig besetzten internationalen Veranstaltung wichtige Wettkampferfahrungen zu sammeln. Eine Universiade zeichnet sich neben dem sportlichen Aspekt vor allem durch das Teamerlebnis aus. Insofern zogen zumindest die Aktiven in Catania trotz der organisatorischen Widrigkeiten ein für die Sizilianer wohlwollendes Resümee. Denn eins muss man den Sizilianern lassen: Sie verloren nie ihre Freundlichkeit, halfen wo sie konnten und verdienten sich das Prädikat Weltklasse im Improvisieren. Insgesamt 1,6 Millionen enthusiastische Zuschauerinnen und Zuschauer sowie die Herzlichkeit, mit welcher die Hundertschaften von freiwilligen Helferinnen und Helfern den Gästen aus aller Welt begegneten, überstrahlten die Ungereimtheiten auf jeden Fall. So blieb auch der Leichtathlet Nico Motchebon trotz verpasster Medaille bei seiner anfänglichen Wertschätzung: "Die Universiade-Stimmung ist einfach einmalig."