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Universiade 2025 – Romy Kinzl: „Einen größeren Motivationskick auf dem Weg zur Olympia-Nominierung kann man sich nicht wünschen.“

Romy Kinzl meisterte in ihrer Karriere nicht nur Wind und Wellen, sondern auch Niederlagen. Denn obwohl sie dem Surf-Sport in Deutschland zwischen 2004 und 2012 ihren Stempel aufdrückte und sich auch auf internationaler Ebene für Höheres empfahl, wurde sie nie zu den Olympischen Spielen nominiert.

Zweimal schrammte sie an ihrem großen Traum vorbei, für den sie jahrelang hart in Leistungszentren trainiert hatte. Nach den Olympischen Spielen 2004 verlor das Mistral-Surfen seinen Status als olympische Disziplin und wurde ersetzt durch die neue Windsurf-Klasse RS-X. Der Umstieg in die neue Disziplin gelang ihr sehr gut, wie die Erfolge bei Weltcups und Weltmeisterschaften zeigten. Aber zu einer Nominierung für 2008 sollte es wieder nicht reichen.

Die heutige Oberstufenkoordinatorin durchquerte eine Flaute, surfte aber anschließend mit Wind im Segel in Richtung ihrer beruflichen Karriere. In ihrem Lehramtsstudium hat sie ein anderes internationales Turnier sehr gut kennengelernt: Die Universiade.  Sowohl 1999 als auch2005 nahm sie an dem Event teil und kehrte jedes Mal zuverlässig mit Medaillen im Gepäck zurück.

Im Interview erzählt die Berlinerin von ihrem nie erreichten Ziel, dem Neuanfang und ihren Universiade-Erlebnissen.

Vor einigen Jahren hast Du den Windsurf-Sport in Deutschland dominiert. Irgendwann ist es ruhig um Dich geworden. Was machst du heute beruflich und welche Bedeutung hat das Wind-Surfen noch für Dich in deinem Alltag?

Da ich bereits parallel zu meiner Sportkarriere meine berufliche Laufbahn durch mein Studium vorbereitet hatte, entschied ich mich zu einem nahtlosen Übergang und stieg direkt in das Referendariat für den Lehrerberuf ein.

War das wirklich so einfach?

Ich hatte damals das Glück, sofort einen Platz in Berlin zu bekommen, was zu dieser Zeit eher ungewöhnlich war – kann man sich bei dem heutigen akuten Lehrermangel kaum mehr vorstellen – und somit hatte ich direkt eine neue Aufgabe. Dies hat mir sehr geholfen, von meinem geliebten Sport Abschied zu nehmen.

Inzwischen leite ich als Oberstufenkoordinatorin eine Verbund-Oberstufe in Berlin – eine sehr verantwortungsvolle und zeitintensive Aufgabe, die mir nur selten Gelegenheit lässt, zurück auf das Surfbrett zu steigen. Aber in regelmäßigen schulischen Arbeitsgemeinschaften  kann ich in Schülerinnen und Schüler für diesen wunderschönen Sport begeistern.

Du hast das Windsurfen auf internationaler Wettkampfebene  betrieben und jahrelang beinahe jeden Tag in Leistungszentren trainiert. Wie hast Du dich dafür motiviert?

Das war gar nicht schwer. Ich habe meinen Sport und das, was dazugehörte geliebt. Die Vielseitigkeit dieser Sportart erforderte ein sehr abwechslungsreiches Trainingsprogramm mit immer neuen Herausforderungen. Manchmal waren diese ziemlich groß, aber wenn man sich erstmal überwunden hatte, sie anzunehmen, kam die Motivation von ganz allein.

Außerdem hatte ich immer ganz klare sportliche Ziele vor Augen, die ein zusätzlicher Ansporn waren, wenn sich dann doch mal die Trainingsmüdigkeit einschlich. Des Weiteren hatte ich gerade in den letzten Jahren das Glück, an fantastischen Orten mit wunderbaren Trainingspartnern zu trainieren.

Zweimal hast du die Teilnahme an Olympia knapp verpasst. Dann verlor das Windsurfen seinen Status als olympische Sportart. Wie hast Du das damals empfunden?

Nicht für die Olympischen Spiele nominiert worden zu sein gehört bislang zu meinen größten Niederlagen im Leben. Jeder Mensch, der sehr lange und hart für ein Ziel gearbeitet und dieses dann doch nicht erreicht hat, kann vermutlich nachempfinden, wie man sich da fühlt.

Dank meiner Familie, tollen Freunden und der sich nahtlos anschließenden beruflichen Perspektive habe ich Wege gefunden, die damaligen Niederlagen zu verarbeiten und mir neue Lebensmittelpunkte aufzubauen.

Natürlich verfolgt man weiterhin das sportliche und politische Geschehen rund um den Segelsport und   es gab schon immer viel Bewegung bei der Festlegung der olympischen Disziplinen im Segelsport. Die Medientauglichkeit und der athletische Aspekt  rückten  immer mehr in den Fokus, sodass Wettkampfformate und Disziplinen immer wieder daraufhin überprüft wurden.

Also war das Ende absehbar.

Da der Windsurfsport auch im Freizeitbereich an Attraktivität verlor und immer neuere und modernere Wassersport-Disziplinen auf den Markt drängten, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch das olympische Windsurfen in den Fokus  geriet.

Eine Radikalkur wurde unserer Disziplin ja bereits nach 2004 verpasst. Es war absehbar, dass es zu einer neuerlichen Entscheidung kommen musste.

Und  die neuen Disziplinen haben  dich nie gereizt?

Ich persönlich bin der Meinung, dass ein eingefleischter Wassersportler anpassungsfähig ist und ein Umstieg in eine neue Disziplin durchaus sehr attraktiv sein kann.

Natürlich kribbelte es auch mir mehr als nur einmal in meinen Fingern, nochmal etwas Neues anzufangen. Aber der sehr intensive Leistungssport über viele Jahre hatte bereits seine Spuren hinterlassen, sodass ich mich dann „aus Vernunftgründen“  gegen eine Fortführung des Leistungssports entschied.

Bevor du diese Entscheidung getroffen hast, warst du bei zwei Universiaden dabei. Welchen Stellenwert hatten sie  auf deinem Weg mit dem  langfristigen Ziel Olympia? 

Bei meiner ersten Universiade-Teilnahme war ich noch sehr jung, es war eines meiner ersten Großsport-Events. Ich war wahnsinnig stolz und geehrt, daran teilnehmen zu dürfen und die Luft eines solchen Mega-Events schnuppern zu können.

Es beeindruckte mich sehr, wieviel studierende Leistungssportler ihren Sport auf so hohem Niveau ausüben. Einen größeren Motivationskick auf dem Weg zur Olympia-Nominierung kann man sich eigentlich nicht wünschen. Erinnerungen an diese Universiade begleiten mich noch bis heute.

Gilt das auch für die zweite Universiade?

Die zweite Teilnahme an der Universiade stellte für mich einen wahnsinnig wichtigen Zwischenschritt zwischen zwei Olympischen Spielen dar. Nachdem es mit der ersten Olympia-Qualifikation nicht geklappt hatte, war die Nominierung zur Universiade zum einen eine Bestätigung meiner Leistungsfähigkeit, zum anderen ein sportlicher Höhepunkt, der gefühlt einer Teilnahme an den Olympischen Spielen sehr nah kam.

Was hat dir daran besonders gefallen?

Teil des Deutschen Universiade-Teams zu sein und Tür an Tür mit den anderen Spitzenathleten im Deutschen Haus zu wohnen, war auf sportlicher und menschlicher Ebene eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Die gelebte Professionalität des deutschen Teams – aber auch der anderen Nationen – machte deutlich, welchen sportlichen Stellenwert die Universiade im internationalen Wettkampfkalender hat.

Nicht selten waren und sind die Erfolge ein Fingerzeig Richtung nächste Olympische Spiele, was zeigt, auf welch hohem Niveau die Wettkämpfe der Universiade stattfinden. Wer einmal an einer Universiade teilnehmen durfte, der möchte ganz gewiss noch einmal dieses Flair eines solchen Großsport-Events erleben, sei es auf einer weiteren Universiade oder bei den Olympischen Spielen.

Gibt es Momente der Universiaden, auch außerhalb des Wettkampffokus, an die Du dich besonders gerne erinnerst?

Unbedingt! Der Teamcharakter zog sich durch die gesamte Zeit der Universiade. Man fieberte gemeinsam auf die einzelnen Wettkämpfe in den unterschiedlichsten Sportarten hin und unterstützte sich, wo man konnte. Ich persönlich konnte die tolle Erfahrung machen, dass Sportler aus anderen Disziplinen live bei unseren Wettfahrten auf einem Begleitboot dabei sein und anfeuern durften – eine Erfahrung mit Seltenheitswert!

Umgekehrt war es genauso. Sobald mein Wettkampfkalender es zuließ, war ich live im Leichtathletik-Stadion, bei den Schwimmwettkämpfen und beim Volleyball-Finale, um unsere Teamsportler anzufeuern. Freundschaften, die sich dort gebildet haben, halten bis heute an.

Was bedeuten dir deine Erfolge bei den Universiaden?

Damals waren die Erfolge natürlich ein unglaublicher Booster. Wenn´s läuft, dann läuft´s,  sagt man ja so.  Auf einem Erfolg lässt sich meist der nächste leichter aufbauen.

Auf meine Erfolge bei der Universiade und die sich anschließende Ehrung bin ich nach wie vor sehr stolz. Die damit verbundenen Erlebnisse und Erinnerungen bleiben unvergessen.

Warum sollte sich der adh für die Austragung einer Sommer-Universiade in Deutschland bewerben? Welche Vorteile  für den deutschen Hochschulsport hätte das?

Dass sich Leistungssportler*innen in Deutschland so auf ihren Sport fokussieren können, obwohl sie sich parallel um ihre berufliche  Zukunft kümmern müssen und ein Studium absolvieren wollen, ist zum großen Teil der Kooperation zwischen dem adh und den Hochschulen zu verdanken.

 Als ich anfing zu studieren, gab es an meiner Universität solche Vereinbarungen noch nicht, aber gemeinsam haben wir das auf den Weg gebracht. Dass die Symbiose aus Studium und Leistungssport funktioniert, ist dem Kraftakt des adh, den Fakultäten, den Sportlerinnen und Sportlern und ihrem betreuenden Umfeld zu verdanken.

Danke für die Lorbeeren für uns und unsere Mitglieder!

Zu wenig wird diese Zusammenarbeit in den Mittelpunkt der Berichterstattung gerückt. Eine Universiade im eigenen Land wäre eine großartige Möglichkeit zu zeigen, auf welch hohem  Niveau die Studierenden ihre Leistungen abliefern – nicht nur im sportlichen  Wettkampf. Denn häufig stecken hinter den Erfolgen extrem durchstrukturierte Tagesabläufe mit streng getakteten Trainings-, Seminar-, Vorlesungs- und Lernzeiten.

Darüber hinaus wäre es eine Chance für den Hochschulsport, sich in all seinem Facettenreichtum zu präsentieren und der Gesellschaft aufzuzeigen, in welchen vielfältigen Projekten der adh wirksam ist.

Inwiefern könnte das Windsurfen in Deutschland von einer Universiade im eigenen Land deiner Meinung nach profitieren?

2024 wird es erneut eine radikale Änderung der Olympischen Windsurf-Disziplin geben: das iFoil. Bis dahin gilt es, den Nachwuchs für diese neue Disziplin zu begeistern. Die Chancen stehen ganz gut, vielleicht besser als in den letzten Jahren, da das Foiling dem Windsurf-Sport zu neuer Attraktivität verholfen hat.

Mit der Aussicht auf eine Universiade im eigenen Land könnte man den Anreiz für diese Sportart noch erhöhen. Umgekehrt wäre diese Disziplin ein echter Hingucker bei den Wettkämpfen der Universiade. Schade, dass ich nicht mehr studiere.