© N. Wilhelmi

Universiade 2025 – Jan Fitschen: „Eine Universiade ist eine unglaublich bereichernde Erfahrung.“

Viele kennen ihn als TV-Experten aus dem Fernsehen: Jan Fitschen. Der ehemalige Laufprofi ist regelmäßig für die ARD und den NDR bei den Marathon-Übertragungen aus Hannover, Hamburg und Berlin im Einsatz. Darüber hinaus versorgt er die Laufcommunity im Netz mit wertvollen Tipps rund um seinen Sport. Auf seinen Rat ist Verlass.

Kein Wunder, blickt der 42-Jährige doch auf eine sagenhafte Karriere zurück, deren Höhepunkt der Sieg über 10.000m bei der Europameisterschaft 2006 war. Sein triumphaler Lauf versetzte die Sportszene in Wallung und ist im Gedächtnis geblieben. Auch nationale Wettkämpfe dominierte das Lauf-Ass jahrelang. Soweit kennen Leichtathletik-Fans seine Biographie.

Was viele jedoch nicht wissen: Auch bei der Universiade war Fitschen erfolgreich. 2003 errang er in Daegu über 10.000m die Goldmedaille und sicherte sich über 5000m den zweiten Platz. Dieser Triumph stellte die Weichen für seinen späteren Sieg bei der Europameisterschaft 2006 in Göteborg. Im Interview verrät er den Zusammenhang, geht aber auch auf die aktuelle Situation ein.

Wie beeinflusst die Covid-19-Pandemie derzeit Ihr Training und Ihre Lehrtätigkeit?

Zurzeit beeinflusst Covid-19 mich beruflich extrem. Weil ich unter anderem als Experte fürs Fernsehen unterwegs bin, hätte ich zum Beispiel den Hamburg-Marathon co-kommentieren können, genauso den Hannover-Marathon für den NDR. Das ist alles ausgefallen. Ganz viele von meinen Vorträgen und Motivationsseminaren, die ich immer wieder mache, fallen aus. Das ist schade. 

Sportlich ist es überhaupt kein Problem für mich, weil ich Läufer bin, und Laufen ist ja nach wie vor möglich und jetzt gerade der perfekte Sport, um alleine dort seine Runden zu drehen, wo nicht so viele Menschen sind. Das ist alles in Ordnung und nicht so problematisch, aber beruflich ist es zäh.

Sie haben als Sportler an mehreren Universiaden teilgenommen. Können Sie beschreiben, was das Besondere an einer Universiade im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen ist?

Ich war 2001, 2003 und 2005 bei der Universiade dabei, also dreimal. Die Universiade in Daegu 2003 war sicherlich die erfolgreichste, weil ich über 10.000m gewinnen konnte und über 5000m Zweiter geworden bin. Aber auch 2001 in Peking war es sehr cool. 2005 waren wir in Izmir, auch das hat mega Spaß gemacht.

Eine Universiade ist einfach viel entspannter als andere Großveranstaltungen. Da will zwar jeder sein Bestes geben, ganz klar. Aber der Druck ist nicht so da, weil jeder weiß: Wenn ich da eine Medaille hole und gewinne, ist das toll und macht riesig Laune. Aber es ist nicht so dieses: Ich muss da jetzt unbedingt megamäßig performen. 

Und vor allem ist es einfach genial, dass du die Sportlerinnen und Sportler aus den anderen Disziplinen kennenlernst. Es ist sonst oft so, dass wir als Leichtathleten immer nur mit anderen Leichtathleten zu tun haben. Bei der Universiade sind dann alle dabei. Da hast du die Basketballer, die Fußballer, die Turner, die Judokas und auch mal ein paar Surfer. Das ist echt extrem witzig und hat mir immer mega viel Spaß gemacht. 

Haben Sie besondere Erlebnisse oder einen schönsten Moment, auch abseits des Wettkampffokus, den oder die Sie mit der Universiade verbinden?

Das ganze Drumherum hat mich begeistert. Vor allem, dass man andere Kulturen kennengelernt hat – natürlich auch ganz viele Leute aus dem eigenen Team – aber eben auch Menschen aus anderen Ländern.

Gerade 2001 in Peking war das ja noch nicht so normal, dass man nach China gereist ist. Es war sehr spannend, dass wir die verbotene Stadt besucht haben oder auch auf der Chinesischen Mauer spazieren gegangen sind. Damals gab es noch nicht so viele weiße Touristinnen und Touristen. Wir waren mit unserer Universiade-Nationalmannschaft teilweise echt die Stars. Das war ziemlich lustig. 

Von daher: Wer als studentischer Spitzensportler an der Universiade teilnehmen darf – teilweise sind die Normen ja sehr, sehr hoch – der sollte das auf jeden Fall nutzen. Eine Universiade ist eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Bei wem das irgendwie in Studien- und Wettkampfkalender passt: Machen, machen, machen! Definitive Empfehlung.

Was bedeuten Ihnen die Erfolge bei der Universiade?

Meine sportlichen Erfolge, gerade in Daegu in Korea, sind damals ein bisschen untergegangen. Das war weit weg, und der Stellenwert einer Universiade ist nicht ganz so hoch, muss man sagen. 

Für mich persönlich war die Universiade aber extrem wichtig, denn 2003 war das erste Mal in meinem Leben, dass ich 10.000m auf der Bahn gelaufen bin und mich einfach mal getraut habe. Vorher war ich eher Mittelstreckenläufer und vielleicht mal 5000m-Läufer. Durch dieses Rennen habe ich mich aber getraut, drei Jahre später bei den Europameisterschaften die 10.000m in Angriff zu nehmen statt, wie ursprünglich geplant, die 5000m. 

Da habe ich das beste und erfolgreichste Rennen meiner Karriere gemacht und bin Europameister über 10.000m geworden. Das hat mein komplettes Leben umgeschmissen und auf den Kopf gestellt. Auch beruflich hat es alles verändert. Ich wollte eigentlich Physiker werden, jetzt  bin ich immer noch im Sport tätig. Alles nur wegen diesem, ohne es abwertend zu meinen, „Vorbereitungsrennen“ bei der Universiade 2003.

Warum sollte sich der adh für die Austragung einer Sommer-Universiade in Deutschland bewerben?

Der adh sollte sich für die Austragung der Sommer-Universiade in Deutschland bewerben, weil das nicht nur für die deutschen Sportler eine Riesenchance ist, die anderen nationalen Sportlerinnen und Sportler kennenzulernen und seine Nation bzw. den Hochschulsportverband im eigenen Land zu vertreten.

Ich glaube, dass es auch für die Aktiven aus allen anderen Ländern eine gute Sache ist, die uns hilft, uns als Nation darzustellen und zu zeigen: „Hey, wir sind weltoffen, freundlich und begeisterungsfähig.“ 

Letzten Endes handelt es sich bei den Hochschulsportlern oft um Leute, die später beruflich einigermaßen erfolgreich sein werden. Wenn die ein positives Bild von Deutschland haben, ist das definitiv nicht das Schlechteste.

Welche Vorteile sehen Sie, die eine Universiade in Deutschland für Deutschland bzw. den deutschen Hochschulsport bringen würde?

Aus meiner Sicht fristet der Hochschulsport in Deutschland  definitiv ein Schattendasein. Es bekommen nur wenige Leute mit, was da passiert und wie cool das ist. Von daher wäre eine Universiade in Deutschland eine Riesensache, um zu zeigen, dass auch an den Hochschulen in Deutschland richtig cooler Sport gemacht wird. Außerdem werden die Sportlerinnen und Sportler teilweise auch unterstützt. 

Da ist Deutschland, auch wenn es vorwärts geht, immer noch das Gegenteil von Ländern wie zum Beispiel Amerika, wo die Athleten auch an den Unis gefeiert werden und was ganz, ganz Besonderes sind. Man muss sich in Deutschland nach wie vor immer wieder rechtfertigen, wenn man als Spitzensportler versucht, noch ein normales Studium nebenher durchzuzuziehen. 

Und das sind Sachen, die man auf jeden Fall durch eine Universiade ändern, für die man mehr Begeisterungsfähigkeit – nicht nur im Land, sondern auch bei den Dozenten – wecken könnte.