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Universiade 2025 – Denise Krebs: „Ich habe bei der Universiade gelernt, dass es möglich ist, mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten.“

Mittelstreckenläuferin Denise Krebs musste am eigenen Leib erfahren, dass es im Spitzensport nicht immer fair zugeht: Bei der Universiade 2011 in Shenzhen belegte sie über 1.500m nach 4:07 Minuten den fünften Platz – eine hervorragende Zeit und eine gute Platzierung.

Zwischen 2013 und 2015 stellte sich jedoch heraus: Drei der vier Sportlerinnen, die schneller waren als die 33-jährige Top-Athletin, haben langjähriges Doping betrieben.  Ihre Leistungen bei der Universiade wurden ihnen dementsprechend aberkannt – Denise rückte auf Platz zwei vor, eine skurrile Situation.

Aber es kam noch dicker: Auch die Erstplatzierte,  Anna Mishchenko, wurde 2016 wegen Dopingvergehen belangt. Allerdings wurde die Leistung der Ukrainerin rückwirkend „nur“ ab 2012 annulliert, sodass sie das Universiade-Gold bis heute ihr Eigen nennen darf.

Wie Krebs heute zu ihrer Silber-Medaille steht und wie sie die Universiade rückblickend bewertet, haben wir sie im Interview gefragt.

Denise, bei der Sommer-Universiade 2011 hättest du auf dem Podest stehen müssen – dieser Triumph wurde dir wegen Dopingvergehen anderer vorenthalten. Welche Emotionen löst der Gedanke heute in dir aus?

Denise Krebs: Die Universiade in Shenzhen war dennoch eines meiner besten und aufregendsten Rennen, die ich je bestritten habe. Mit 4:07 Minuten konnte ich damals eine persönliche Bestleistung erzielen und mich um drei Sekunden steigern.

Ich hatte das Glück, dass mit mir die damals weltbesten Athletinnen an den Start gegangen sind und ich mich mit Platz fünf mehr als gut verkauft hatte. An jenem Abend habe ich das Stadion deshalb super zufrieden verlassen.

Betrogen wurdest du dennoch. 

Natürlich hätte ich mir damals auch gerne eine Medaille vor 40.000 Zuschauern umhängen lassen und wäre voller Stolz noch eine Runde mit der Deutschland-Fahne durch das Stadion gelaufen. Welcher Sportler wäre da nicht traurig? All das gab es leider nicht.

Aber das Thema ist ja in diesem Jahr nicht zu Ende. 2012 verpasste ich das EM-Finale super knapp und noch knapper eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in London; aufgrund derselben Athletinnen. Bei beiden Events wäre ich wohl, Stand heute, eine Teilnehmerin gewesen, und das tut fast mehr weh.

Das Europameisterschaftsfinale von 2012 würde ich gerne wiederholen, denn eine Medaille wäre vielleicht machbar gewesen. Klar, einerseits tun diese Erinnerungen weh, aber andererseits wusste ich auch schon immer, dass der Leistungssport nicht unbedingt fair ist. 

Wie hast du 2013 und 2015 von der rückwirkenden Annullierung der Ergebnisse der anderen Sportlerinnen erfahren, und wie hast du darauf reagiert?

Mir schrieb eine Konkurrentin aus Irland und teilte mir die Gerüchte mit. Sie hatte es im Internet gelesen und schickte mir auch den englischen Bericht gleich mit. Ich war verwirrt und hielt alles für einen Scherz.

Stunden Später rief mich auch schon Günther Eisinger an und bestätigte mir den Medaillengewinn. Irgendwie freute ich mich, aber ich war auch traurig. All diese Sportlerinnen hatte ich auch ein wenig bewundert, denn sie hatten Bestleistungen erzielt, von denen ich noch träumte.

2015 erfuhr ich es nur noch über die Presse. Das fand ich sehr traurig und langsam verschwand auch das Glücksgefühl, denn das Rennen war einfach zu lange her.

Zwei Jahre später diskutierte man dann, ob es doch noch die Goldmedaille werden würde…Was soll ich sagen: Von Platz fünf auf Platz eins – ist doch irgendwie verrückt!

Auch der heutigen Erstplatzierten, Anna Mishchenko, wurde 2016 Doping nachgewiesen. Rückwirkend wurden ihre Leistungen ab 2012 annulliert – den Universiade-Sieg behält sie also. Wünschst du dir härtere Strafen für Doping-Vergehen?

Ja, ich glaube härtere Strafen wären schon sinnvoll. Eine zweijährige Sperre ist einfach zu wenig.

Ein Athlet, der einen Sommer lang verletzt ist, keine Leistung bringen kann und sich dann wieder zurück kämpfen muss, hat nach zwei Jahren eine schlechtere Ausgangslage als ein Athlet, der gedopt hat. Eine Vier-Jahres-Sperre tut sicher mehr weh.

Wie weit überschatten die nachträglichen Erkenntnisse über die Doping-Praktiken der anderen Sportlerinnen die positiven Erinnerungen an die Universiade?

Das 1.500m-Rennen hat für mich zweimal stattgefunden.

Einmal gibt es das Rennen, das ich tatsächlich gelaufen bin und nach dem ich am Abend super zufrieden war. Und dann gibt es noch eins, welches ich nie bestritten habe, bei dem ich die Silbermedaille und doch auch irgendwie Gold gewonnen habe.

Gibt es trotz allem besondere Erlebnisse bzw. einen schönsten Moment, auch abseits des Wettkampffokus, die oder den du mit der Universiade verbindest?

Ich habe mehrere schöne Erinnerungen. Die Eröffnungsfeier war der absolute Wahnsinn, zudem wurden insgesamt 70 Reisebusse mit Polizeieskorte zur Eröffnungsfeier gefahren.

In der Athletenmensa gab es alles was man wollte, sogar ein McDonalds. Und bei meinem Rennen war das Stadion voll - 40.000 Zuschauer!

Was bedeutet dir dieser zweite Platz bei der Universiade 2011?

Es ist meine zweite internationale Medaille, die ich je gewonnen habe, daher bedeutet er mir sehr viel.

Weshalb sollten studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler an einer Universiade teilnehmen?

Die Universiade ist die perfekte Vorbereitung auf weitere internationale Meisterschaften.

Ich hatte das Glück, dass bei mir die damalige Weltspitze am Start war, da zwei Wochen später die Weltmeisterschaften in Daegu stattfanden. Die Athletinnen nutzen die Universiade, um sich an das Klima zu gewöhnen und noch einmal Rennen mit internationaler Konkurrenz zu bestreiten.

Für mich war das super, denn ich habe gesehen, dass in einem 1500m-Finale alles möglich sein kann. Man muss „nur“ den Sprung in solch ein Finale schaffen.

Warum war die Universiade wichtig für deine sportliche Karriere?

Ich habe bei der Universiade gelernt, dass es möglich ist, mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten.

Warum sollte sich der adh für die Austragung einer Sommer-Universiade in Deutschland bewerben?

Wir haben in Deutschland sehenswürdige Stadien und Städte. Es braucht also keine großen Veränderungen, um eine Universiade auszutragen.

Der Hochschulsport wird in Deutschland noch etwas stiefmütterlich behandelt. Es ist an der Zeit, den Leuten zu zeigen, dass eine Universiade Weltklasseleistungen zu bieten hat.

Welche Vorteile siehst du, die eine Universiade in Deutschland für Deutschland bzw. den deutschen Hochschulsport bringen würde?

Meiner Meinung nach erhält der deutsche Hochschulsport noch zu wenig Anerkennung. Oftmals werden die Leistungen im Hochschulsport nicht bemerkt oder nicht richtig gewürdigt.

Aber eine Universiade ist die Olympiade für Studierende, hier geht es um internationale Spitzenklasse!

Durch eine Universiade im eigenen Land könnten sich Kritiker von Topleistungen selbst vor Ort überzeugen. Zudem könnte die Universiade hierzulande medial super gepusht werden.

Gerade junge Athleten, die gerade auf dem Sprung in das internationale Geschehen sind, haben die Chance, sich in Szene zu setzen. Und Deutschland hat die Stadien und die Kapazitäten. Dass wir als Gastgeber bei Großereignissen einen sehr guten Job machen, haben wir mehrfach bewiesen.