Restart in Jena: Die glückliche Situation, vereinzelt Indoor-Angebote schalten zu können

Wie die meisten Hochschulsporteinrichtungen hatte auch das HSP-Team der Uni Jena zunächst mit dem Lockdown zu kämpfen, ehe an der Friedrich-Schiller-Universität Anfang Mai, zum offiziellen Semesterstart, ein vierwöchiges, kostenfreies Online-Kursangebot über Zoom und Instagram zur Verfügung gestellt worden war.

Dabei setzten die Verantwortlichen voll auf Live-Inhalte, weil on-demand schon sehr viele Formate online zur Verfügung standen.

Seit Anfang Juni ist der Hochschulsport wieder ausschließlich analog aufgestellt. Es wurde sich bewusst dagegen entschieden, im Sommer zweigleisig zu fahren. Einzige Ausnahme bildet der Pausenexpress, weil viele Beschäftigte noch immer im Home-Office sind und die Trainerinnen und Trainer die Universitätsgebäude nicht betreten dürfen.  

Im Interview spricht Dr. Andrea Altmann, Leiterin des Hochschulsports Jena, über die Vorbereitungen und Schwierigkeiten, die beim Restart überwunden werden mussten.

Andrea, warum habt ihr euch gegen ein zweigleisiges Angebot aus analogen und digitalen Inhalten entschieden?

Dr. Andreas Altmann: Wir verstehen den Hochschulsport nicht nur als Anbieter von Bewegungsmöglichkeiten, sondern vor allem auch als sozialen Treffpunkt. Diese Funktion war und ist uns auch weiterhin eine ganz wichtige. Wir wollen Menschen zusammenbringen.

Digitale Formate kommen da an ihre Grenzen. Wir sind davon überzeugt, dass dies auch in der derzeitigen Situation mit verantwortungsvollem Handeln und unter Beachtung der Schutzmaßnahmen möglich und in Teilen nach den vielen Wochen Lockdown wichtiger denn je ist. Wir wissen alle, dass das psychosoziale Wohlbefinden mindestens genauso zur Gesundheit beiträgt wie das physische.

Seit dem 2. Juni läuft der analoge Hochschulsport in Jena wieder: wie und wie lange habt ihr euch darauf vorbereitet?

Die Vorbereitungen darauf liefen eigentlich schon Anfang April an. Im ersten Schritt galt es, durch gezielte Lobbyarbeit bei Stadt und Land und in enger Abstimmung mit dem Landessportbund auf die Wiederaufnahme des Sportbetriebs hinzuarbeiten. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen.

Nachdem klar war, dass ab Mitte Mai vereinseigene Sportanlagen wieder öffnen dürfen, galt es, ein Hygiene- und Infektionsschutzkonzept zu erstellen sowie dessen Umsetzbarkeit sicherzustellen. Ab dem 11. Mai war es dann soweit, und wir durften die ersten Anlagen wie Tennisplätze, Outdoor-Fitnessanlagen und Laufbahn wieder in Betrieb nehmen.

Die angekündigten Lockerungen nach Pfingsten haben uns dann ermutigt, in die Planung eines analogen Sommersemesterprogramms einzusteigen. Dafür hatten wir dann keine zwei Wochen Zeit. Unser Team musste  hier wirklich an sein Limit gehen. Im ersten Schritt haben wir neue Rahmenbedingungen für die Planung erstellt, da die bis dahin gültigen obsolet waren.

Was musstet ihr anpassen, beziehungsweise welche Fragen klären?

Welche Sportstätten können genutzt werden? Mit wie viel Personen? Gibt es eine Mindestteilnahmezahl? Ist Materialnutzung möglich? Wenn ja, wie erfolgt die Desinfektion? Wie sind die Wege der Teilnehmenden auf dem Gelände? Wie schützen wir unsere Trainerinnen und Trainer? Wie stellen wir den Abstand sicher? Wie kann die Musik nach außen gebracht werden? Was passiert bei Regen? Zu welcher Uhrzeit bieten wir Kurse an? Und vor allem welche Kurse? Sind überhaupt Studierende vor Ort? Wie bepreisen wir die Kurse?  Wie erfolgt die Kommunikation? Und noch vieles mehr!

Rückblickend kann ich sagen, dass wir vieles richtig antizipiert und ein für die Zeit passendes Angebot aufgestellt haben. Mein Team hat hier herausragende Arbeit geleistet.  Das Programm ist wirklich gut angelaufen, und wir bekommen nur positives Feedback von allen Beteiligten.  

Habt ihr in diesem Zeitraum besondere Herausforderungen zu meistern gehabt? Wenn ja, welche waren das und wie seid ihr damit umgegangen?

Das waren viele. Auf alle im Einzelnen einzugehen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Daher möchte ich nur kurz zwei ansprechen.

Durch unsere enge Zusammenarbeit mit dem Universitätssportverein haben wir im Team sowohl Beschäftigte an der Universität, das heißt öffentlicher Dienst und im Verein, das heißt freier Markt. Unser Grundsatz ist, für gleiche Tätigkeiten gelten gleiche Rahmenbedingungen. Durch die Folgen der Pandemie mussten wir diesen Grundsatz aber aufweichen. Die Vereinsbeschäftigten mussten zum Beispiel in Kurzarbeit. Das war keine einfache Entscheidung.

Neben dem Meistern der bürokratischen und organisatorischen Anforderungen galt es auch, Aspekte wie soziale Verantwortung, moralisch-ethische Ansprüche, Wirtschaftlichkeit und ähnliches  gut auszubalancieren.

Nicht minder herausfordernd – wenn auch ganz anders gelagert – war die Frage der Entgelte für das Sommersemesterprogramm.

Warum?

Wir hatten zum Wintersemester gerade erst auf ein neues System umgestellt, die UNISPORT Card. Mit der Card können die Teilnehmenden alle Fitnessbereiche nutzen und zudem an über 70 Kursen ohne Zusatzgebühr teilnehmen.

Wir überlegten, ob wir damit fortfahren sollen und wenn ja wie? Auch da mussten viele Details bedacht werden. Wir haben uns letztlich dagegen entschieden und für das „Corona-Semester“ eine gesonderte Preisstruktur entwickelt. Rückwirkend war auch dies die richtige Entscheidung.

Habt ihr eine spezielle Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem?

An erster Stelle möchte ich hier das gute Netzwerk zwischen den Mitgliedshochschulen des adh nennen. Der sehr rege Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen sowohl lokal, regional als auch national und über die ENAS auch europaweit war sehr wertvoll.

Aber auch andere Strukturen im Sport haben ihren Teil dazu beigetragen, wie der Thüringer Landessportbund, die Sportbeauftragte der Stadt, der Freiburger Kreis.

Ihr schreibt selbst auf eurer Homepage von einem eingeschränkten Programm: aber 150 Kurse sind doch ordentlich!?

Verglichen dazu, dass wir im Sommersemester in der Regel an die 600 Kurse anbieten, ist es ein deutlich eingeschränktes Programm. Vor allem auch mit Blick auf unseren Anspruch, eine große Vielfalt anzubieten. Wir haben uns bewusst auf stark nachgefragte Kurse beschränkt.

Wie setzt ihr das Programm um? Alles outdoor oder auch indoor?

Wir haben die glückliche Situation, dass wir vereinzelt Indoor-Angebote schalten können, wie zum Beispiel Badminton, Tischtennis oder Tanzen. Außerdem können wir bei Schlechtwetter den einen oder anderen Outdoorkurs nach drinnen verlagern, wie zum Beispiel Yoga und Meditation.

Zudem haben wir sehr gute Außenanlagen mit vielen freien, das heißt nicht-genormten Flächen. Wir können also Yoga, Meditation, Tai Ji, Karate etc. ohne Probleme im Freien anbieten und haben trotzdem noch unsere regelkonformen Sportanlagen in der Nutzung, wie die Fußballplätze, die Basketballanlage oder die Beachvolleyballanlagen.

Wir vertrauen voll und ganz unseren Übungsleitenden. Sie sind sehr kreativ, was die Umgestaltung ihrer Kursinhalte beziehungsweise die Anpassung auf die Gegebenheiten anbelangt. So macht unsere Floorballgruppe ihr Technik- und Konditionstraining derzeit auf der Laufbahn. Alle Groupfitnesskurse finden ebenfalls draußen statt und dies vollständig ohne Zusatzmaterial. Lediglich die Tontechnik fordert uns mehr als erwartet. Das ist eine echte Herausforderung.