Viola, welche Maßnahmen und Ziele bietet euer Projekt im Bereich Gesundheitsförderung - insbesondere für den Hochschulsport?
Das Projekt „Verein(t) gegen Einsamkeit“ zeigt die Potenziale des Sports als Ort für Begegnungen auf, in dem Gemeinschaft und Zusammenhalt erlebbar werden. Hierfür wurde die Kampagne „Hier bist du zuhause“ mit digitalen sowie analogen Kommunikationsmaterialien entwickelt, die die im DOSB organisierten Verbände und ihre Untergliederungen darin unterstützen, die Mehrwerte des gemeinwohlorientierten Sports öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren.
Es wurde eine Community aufgebaut, in der überregionale Lernprozesse sowie kollegialer Wissens- und Erfahrungsaustausch unter den DOSB-Mitgliedsorganisationen gefördert werden sollen. Des Weiteren werden Online-Lernwerkstätten angeboten, die sich an Vereinsverantwortliche richten und die Anregungen geben, eigene Strukturen niedrigschwellig und lebensweltorientiert für Menschen mit Einsamkeitserleben weiterzuentwickeln und sich als zentraler Akteur in der Kommune zu positionieren.
In diesem Jahr wird mit dem Vereinswettbewerb „Gemeinschaft bewegt“ außerdem ein Preis für Gemeinschaft und Teilhabe im organisierten Sport vergeben und Maßnahmen ausgezeichnet, die Zusammenhalt fördern, erleichterte Zugangswege schaffen und damit zur Prävention und Bewältigung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft beitragen.
Im nächsten Jahr steht dann vor allem die Zusammenarbeit von Sportvereinen und Kommunen in einem "Verein(t)-gegen-Einsamkeit-Tag" im Vordergrund. Hier können sich Kommunen zusammen mit den Vereinen bewerben, um einen Zuschuss für die Durchführung einer Veranstaltung oder Maßnahme zu erhalten.
Weshalb hast du dich zur Teilnahme an der Perspektivtagung entschieden?
Während der Corona-Pandemie haben vor allem junge Erwachsene, darunter viele Studierende, Einsamkeit erlebt. Der Hochschulsport nimmt eine zentrale Stellung im Campusleben ein und ermöglicht es Studierenden, außerhalb des Bildungssystems Kontakte mit Menschen mit ähnlichen Interessen zu knüpfen und persönliche Netzwerke aufzubauen. Daher ist der adh ein wichtiger Partner unseres Projekts. Benjamin Schenk, adh-Generalsekretär, fungiert zudem als Mitglied des Projektbeirats.
Auf der Perspektivtagung nutzen wir die Möglichkeit, auf Einsamkeitserleben unter Studierenden aufmerksam zu machen. Vielmehr noch aber freuen wir uns auf die Vernetzung und den Austausch mit Hochschulsportakteurinnen und -akteuren sowie weiteren Netzwerkpartnerinnen und -partnern, die sich für eine ganzheitliche Gesundheitsförderung und auch für (mehr) Gemeinschaft und Begegnung unter Studierenden engagieren. Ihre Ansätze und Erfahrungen bereichern das Projekt dabei, Strategien zu entwickeln und Potenziale aufzuzeigen, wie mit den Mitteln des Sports bei der Bewältigung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft Abhilfe geschaffen werden kann.
Welche aktuellen Entwicklungen und Trends sind im Themenbereich Gesundheitsförderung seit Corona erkennbar?
Durch die Corona-Pandemie sind schambehaftete Themen im Bereich der mentalen Gesundheit in den Vordergrund gerückt und Salonfähig geworden. Dazu gehört auch die zunehmende gesellschaftliche Wahrnehmung, dass Einsamkeit auch junge Erwachsene betrifft. Mit dieser Awareness ist es möglich, Gesundheitsförderung nach einem biopsychosozialen Grundverständnis ganzheitlich zu bearbeiten. Subjektive Gefühle eines Menschen sind als soziale sowie psychologische Dimensionen von Wohlbefinden also ebenfalls miteinzubeziehen. Der (Hochschul-)Sport erhält neben seinen positiven Auswirkungen für die körperliche Gesundheit zusätzliche Bedeutung und Anerkennung als Ort für Begegnung und Gemeinschaft.
Welche Chancen und Herausforderungen siehst du für die Gesundheitsförderung im Hochschulsport?
In den letzten Jahren ist es erfolgreich gelungen, der Studierendengesundheit einen ähnlichen Stellenwert einzuräumen wie der betrieblichen Gesundheitsförderung von Beschäftigten. Bei der Verzahnung und einem umfassenden hochschulischen Gesundheitsmanagement aller Interessensgruppen liegen Chancen in der Nutzung von Synergien. Gleichzeitig muss sichergestellt bleiben, dass Studentisches Gesundheitsmanagement mit ausreichend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet ist, um den gegenüber dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement weniger verwaltungszentrierten und arbeitsrechtlich ausgerichteten Aufgabenprofilen agil und zielgruppenorientiert gerecht werden zu können.
Welchen Mehrwert zieht ihr aus nationalen Partnerschaften und Projekten?
Partnerschaften schaffen Synergien und begünstigen den Erfolg des eigenen Tuns durch den Aufbau auf bestehendes Wissen von Expertinnen und Experten. Für Projekte sind Partnerschaften zudem essenziell, da sie Zugänge zu bestehenden Netzwerken, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Gatekeeperinnen und Gatekeepern ermöglichen. Diese tragen dazu bei, dass Projekte auch tatsächlich vor Ort ankommen und ihre Ziele entfalten können.
Du hast drei Wünsche frei, um den Bereich Gesundheitsförderung in Deutschland optimal aufzustellen. Was wünschst du dir für die nächsten fünf Jahre?
Bewegungsförderung sollte zum Gesundheitsziel in Deutschland erklärt werden und Eingang in das Präventionsgesetz finden. Prävention im Allgemeinen muss einen höheren Stellenwert bekommen: Für gesunde Lebensverhältnisse, niedrigschwellige Angebote zur Förderung der eigenen Gesundheitskompetenzen und eines gesundheitsfördernden Lebensstils braucht es Anstrengungen auf allen Ebenen: Im Bund, auf Länderebene und in den Kommunen. Hierfür müssen zentrale Weichen gestellt und Rahmenstrukturen angepasst werden. Wir würden uns wünschen, dass das Gesundheitssystem in Deutschland die Primärprävention mindestens so wie Kuration, Therapie und Pflege gewichtet und entsprechend unterstützt.
In diesem Zusammenhang braucht es – analog zu Hochschulen und dem Hochschulsport – eine Anerkennung von Sportvereinen und -verbänden als Partner beziehungsweise zu beteiligende Organisationen für die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen.
Wir begrüßen es sehr, dass die Gesunderhaltung und -förderung so einen großen Stellenwert im Hochschulsport eingenommen hat. Wir würden uns – wenn ein vierter Wunsch erlaubt ist – für die Zukunft wünschen, dass dieser Weg weiter fortgeführt und ausgeweitet wird.
Weshalb empfiehlst du die Verknüpfung mit eurem Projekt und wo finden Interessierte weitere Infos?
Mit dem Modellprojekt nimmt sich der DOSB dem Thema Einsamkeit an und erkennt die Dringlichkeit dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung. Neben der Sensibilisierung des organisierten Sports trägt das Projekt dazu bei, bestehende Aktivitäten und Beiträge, die sich für mehr Gemeinschaft und soziale Teilhabe einsetzen, sichtbar zu machen sowie die Durchführung zukünftiger Initiativen zu unterstützen. Interessierte können sich auf der Projektwebsite informieren.