Miranda, wie bist du ursprünglich zum Badminton gekommen? War das Liebe auf den ersten Blick oder musstest du dich erst mit der Sportart anfreunden?
Badminton war das große Hobby meines Papas. Ich bin mit ihm zum Training gegangen und habe schnell gemerkt: Das ist etwas, das mir sehr, sehr viel Freude macht. Ich komme aus einer Musikerfamilie und habe Sport parallel zur Musik gemacht. Aber irgendwann hat sich herauskristallisiert, dass der Sport der Weg für mich ist, den ich einschlagen möchte.
Du wurdest als Hochschulsportlerin des Jahres ausgezeichnet. Nimm uns einmal mit: Wie hast du von der Ehrung erfahren? Hattest du damit gerechnet und was war deine erste Reaktion?
Das war total witzig. Torsten Hütsch (adh-Sportdirektor) hat mir geschrieben ‚Miranda, hast du Zeit zum Telefonieren?‘ Mein erster Gedanke war: ‚Hä? Die FISU Games sind doch erst 2025? Was gibt es denn jetzt schon zu besprechen?‘ Dann habe ich ihn zurückgerufen und er meinte, dass es ihm eine Riesenfreude sei zu verkünden, dass sich der adh-Vorstand dazu entschieden hat, mich als adh-Sportlerin des Jahres auszuzeichnen. Ich war ganz baff, ich hatte das gar nicht auf dem Schirm, aber ich habe mich immens gefreut.
Was bedeutet dir dieser Titel?
Er hat für mich eine hohe Strahlkraft. Ich empfinde ihn als eine schöne Wertschätzung für meine Leistungen im Sport und im Studium, aber auch für mein Engagement im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Letztes Jahr warst du Teil der Deutschen Studierenden-Nationalmannschaft bei den FISU Games im chinesischen Chengdu. Wie hast du die Zeit vor Ort erlebt?
Ich habe schon 2018 an den FISU World University Championships (WUC) teilgenommen, das war schon ein cooles Highlight. Aber letztes Jahr mit Chengdu noch einmal eins draufzulegen, war unfassbar gut. Die Teilnahme an den FISU Games hat mich sportlich stark vorangebracht. Wir hatten mit Jonathan Larsen einen richtig guten Coach dabei und die Wettbewerbe waren international top besetzt, vor allem von den asiatischen Nationen. Für sie haben die FISU Games einen noch höheren Stellenwert als in Europa. Daher hatte ich sportlich in Chengdu eine immens gute Zeit. Auch die Atmosphäre des Events war beeindrucken, so stelle ich sie mir auch bei Olympischen Spielen vor. Mein großes sportliches Ziel ist die Teilnahme in Los Angeles - deswegen war es auf jeden Fall einmalig, in Chengdu schnuppern zu können und die einmalige Atmosphäre mit dem deutschen Team zu erleben.
Gibt es ein Highlight, wenn du an die Zeit in China zurückdenkst?
Die Eröffnungsfeier war sehr eindrucksvoll. Viele der Betreuerinnen und Betreuer des deutschen Teams haben gesagt, dass sie so eine gigantische Show noch nicht mal bei Olympischen Spielen erlebt haben. Und ansonsten bleiben mir sehr, sehr viele Pandas im Gedächtnis. (lacht)
Du hast gerade selbst schon erzählt, dass die FISU Games gerade in Asien sehr hoch eingeschätzt werden. Wie beurteilst du den Stellenwert deiner Platzierungen und insgesamt die Bedeutung der World University Games?
Ich versuche gerade, in die Top 100 der Welt einzubrechen, mich dort zu etablieren und langfristig natürlich noch höher zu kommen. Das Turnier in Chengdu war daher sehr wichtig für mich, weil ich richtig gute Gegnerinnen hatte. Im Teamwettkampf hatte ich beispielsweise eine Spielerin aus Hongkong vor mir, die in der Weltrangliste stärker war als ich. Trotzdem habe ich als Underdog für das deutsche Team gewonnen. Das war eine sehr coole Erfahrung. Auch wenn wir im Badminton keine Medaille geholt haben, muss ich dennoch sagen, dass es ein richtig gutes Turnier für mich war. Mein großes Ziel ist, dass wir als Team bei den Rhine-Ruhr 2025 FISU Games unsere Leistung toppen und weiter kommen, als zuletzt in Chengdu.
Du hast gerade die Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games erwähnt. Werden die Spiele dein Saisonhighlight im kommenden Jahr?
Für mich wird nächstes Jahr eine sehr große Challenge. Ich möchte noch mehr in die World-Tour-Turniere reinkommen und dort richtig gute Ergebnisse zu holen. Die FISU World University Games sind auf jeden Fall ein Highlight und mein großes Ziel ist, dort mein bestes Ergebnis rauszuholen. Ich freue mich sehr drauf und glaube, wenn ich jetzt dranbleibe und fit bleibe, dann wird 2025 ein sehr gutes Jahr.
Mit dem Austragungsort Mülheim an der Ruhr sind die FISU Games 2025 für dich auch ein Heimspiel, zumindest in deiner aktuellen Wahlheimat – ist das ein besonderer Motivations-Kick?
Die Haupthalle für die Badminton-Wettbewerbe ist nur zehn Minuten von meiner Wohnung entfernt und direkt neben meiner Trainingshalle. Immer wenn ich durch Mülheim gehe oder gerade von der Physio heimfahre, sehe ich die Banner und die Flyer „Mülheim spielt mit“. Das ist ein cooles Gefühl, dass so ein Riesenevent in meine aktuelle Heimatregion kommt. Meine Vorfreude schon jetzt sehr groß.
Neben dem Sport ist Nachhaltigkeit ein Herzensthema für dich. Was war der Anlass für die Gründung deiner Organisation „BadmintONEarth“ und dein ehrenamtliches Engagement?
Ich würde sagen, es ist nicht nur ein Herzensprojekt, es ist eine Notwendigkeit. Ich habe angefangen, mich zu engagieren, weil ich gemerkt habe, dass wir in einer Situation sind, die Veränderung braucht und diese Veränderung aber nicht passiert ist. Ich habe das erst einmal auf mich selbst bezogen, mit der Zeit aber gemerkt, dass wir strukturelle Probleme haben und dass wir in einer Klimakrise stecken. Dass viele Sportverbände das nicht sehen oder handeln, war für mich unerklärlich. Deshalb habe ich mich mit Kai Schäfer, meinem Trainingspartner aus der Nationalmannschaft, zusammengetan und wir haben 2021 die Organisation BadmintONEarth gegründet. Begonnen hat alles mit einem Aufforstungsprojekt, seitdem konnten wir gemeinsam viel erreichen. Über das letzte Jahr etwa lief ein riesiges Förderprojekt im Deutschen Badminton-Verband, das es uns ermöglicht, strukturell die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Badmintonsport voranzubringen.
Welche Rolle spielt der Leistungssport mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit?
Leistungssport ist leider nicht immer darauf aus, etwas anderes zu betrachten als den reinen Erfolg und die Ergebnisse. Aber es braucht hier Veränderung! Deshalb bin ich der Überzeugung, dass wir als Leistungssportlerinnen und -sportler unsere Stimme nutzen müssen. Manche wollen das nicht, wollen nicht in der Öffentlichkeit stehen, das kann ich verstehen. Manche wollen es zwar, aber wissen nicht wie. Und wieder andere sind bereit, für ihre Werte öffentlich einstehen. Das ist genau das, was ich versuche, nach außen zu leben.
Wie bekommst du den Leistungssport, dein Studium und dein Nachhaltigkeitsprojekt in einen 24-Stunden-Tag reingepackt?
Ich werde das oft gefragt (lacht). Ich glaube, es ist wichtig, nicht auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Letztendlich liegt mein Hauptfokus aktuell beim Sport, dort fließt meine Energie rein. Aber sich die ganze Zeit nur auf eine Sache zu konzentrieren, tut mir persönlich nicht gut. Andere können das vielleicht, aber ich brauche mental auch die Zeit außerhalb des Sports. Daher splitte ich meine Zeit zwischen Uni und der ehrenamtlichen Verbandsarbeit, das klappt ganz gut. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mein Studium dadurch eventuell nicht so schnell abschließe, wie andere das machen würden, aber ich versuche, mich nicht zu doll mit anderen zu vergleichen.
Wie gelingt es dir, dein Studium der Ernährungswissenschaft an der IU Internationalen Hochschule mit dem Leistungssport zu verbinden?
Wir stehen oft fünf bis sieben Stunden am Tag in der Halle, da ist es unmöglich, noch in die Uni zu fahren. Deshalb habe ich mich für ein Fernstudium entschieden. Die Uni stellt zwar alles bereit, um flexibel studieren zu können, aber am Ende muss man es selbst machen. Manchmal muss man sich in den Hintern treten und sagen: Ich nutze jetzt den freien Sonntag und ziehe durch.
Welche Ziele hast du dir für die nächsten Jahre gesteckt? Ist Olympia in Los-Angeles 2028 das Hauptziel auf deiner Agenda?
Ja, total. Mein Ziel für das nächste halbe Jahr ist, in die Top 100 in der Weltrangliste im Damen Einzel zu kommen. Langfristig möchte ich bis 2028 die Qualifikation für Olympia schaffen, dafür will ich meine ganze Energie, die ich habe, geben. Gleichzeitig möchte ich aber auch mein ehrenamtliches Engagement fortführen und in diesem Bereich weiterwachsen. Und idealerweise schließe ich auch meinen Bachelor noch vor Olympia ab.
Wenn du dir eine ideale Welt vorstellst, was würdest du dir für den Hochschulsport, aber auch für die Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport in Zukunft wünschen?
Ich sehe leider viele Athletinnen und Athleten, die Studium und Spitzensport nicht vereinbaren können oder psychisch darunter leiden, ihr Studium abbrechen oder sich gar nicht erst für ein Studium entscheiden. Oder sie hören mit dem Sport auf, um das Studium durchzuziehen. So verliert der Sport viel Talente. Ich glaube, dass Sportverbände manchmal ein bisschen unflexibel sind und in sehr starren Rahmen denken, beispielsweise wie ein Training aussehen muss. Aber sie sehen oft nicht, dass der vorgegebene Rahmen nicht immer zur bestmöglichen Leistung führt und zum Glücklichsein der Athletinnen und Athleten. Deswegen wäre mein Wunsch, dass jeder einen Weg gehen kann, der für ihn individuell am erfolgreichsten ist. Für die einen heißt das, dass der Trainingsplan so gestaltet ist, dass sie ihn mit der Uni vereinbaren können und trotzdem Top-Ergebnisse bringen können, für andere ist es etwas anderes.
Vielen Dank für das Gespräch!